Nachruf Prof. Dr. phil. Dr. rer. nat. Knefelkamp

Der Herforder Geschichtsverein trauert um Prof. Dr. phil. Dr. rer. nat. Ulrich Knefelkamp

Der Verein für Herforder Geschichte e.V. trauert um Ulrich Knefelkamp, seinen langjährigen Berater und Begleiter.
Am 25. November 2020 ist er nach langer schwerer Krankheit verstorben. Der gebürtige Herforder wurde 69 Jahre alt. 

Ulrich Knefelkamp setzte sich als Mitglied im Geschichtsverein und Berater des Vorstandes für die Projekte des Vereins ein und unterstützte den Verein immer wieder mit Rat und Tat. Viele seiner Vorträge in Herford sorgten – wie schon der erste 2004 über die Jakobspilger - für einen vollen Saal im Städtischen Museum und bleiben in dauerhafter Erinnerung.

Knefelkamp hielt sehr engen Kontakt zu seiner Heimatstadt Herford nicht nur über den Geschichtsverein und viele Freunde, sondern auch als Organisator jährlicher Klassentreffen seines Abiturjahrgangs am Friedrichs-Gymnasium, wo er zur Feier des Friedrichs-Jahres 2012 einen fulminanten Vortrag hielt.

Knefelkamp war bedeutender Mittelalter-Experte und schrieb dazu einige Standardwerke der Geschichtswissenschaften. Er ging aber auch immer weit über die eigentliche Wissenschaft hinaus. 

 

knefelkamp.jpgUlrich Knefelkamp (privat)

So beschäftigte er sich 2014 in Herford mit dem Thema „Stadt und Identität - Kulturerbe und Image“, stellte dabei die Fragen „wer bin ich, wo komme ich her, was ist meine Identität, worauf bezieht sie sich?“ und bezog diese „auf Räume, Orte und Personen, auf Vertrautes und...?“ In seinem Vortrag dazu legte er dar, warum wir uns oft nicht im Klaren sind - wenn wir z. B. in einer Stadt wie Herford leben - ob, warum und womit wir uns in diesem Raum identifizieren.

Knefelkamp setzte sich oft mit solchen existentiellen Fragen auseinander und beschäftigte sich damit, wie Geschichte und kulturelles Erbe vermittelt werden müssten, um viele Bürger*innen zu erreichen. Mit dem Geschichtsverein plante er vor einigen Jahren noch die Herausgabe einer neuen Stadtgeschichte in diesem Sinne, ein Projekt, was durch seine beginnende Krankheit abgebrochen wurde. 

Herford und der Geschichtsverein verlieren mit Knefelkamp eine wichtige Stimme für die Stadtgeschichte und einen engen Freund.

Ulrich Knefelkamp, geboren am 26. Februar 1951 in Herford studierte nach einer Apothekerausbildung von 1973 bis 1975 Geschichte, Kunstgeschichte, Volkskunde an der Universität Würzburg  und von 1975 bis 1980 Geschichte, Volkskunde, Völkerkunde, Kunstgeschichte, Medizingeschichte, Geographie an der Universität Freiburg. 1980 arbeitete er am Badischen Landesmuseum Karlsruhe für das Projekt "Barock in Baden-Württemberg". 

Er promovierte 1980 zum Dr. phil. in Geschichte, Volkskunde und Völkerkunde in Freiburg mit der Arbeit „Das Gesundheitswesen im mittelalterlichen Freiburg im Breisgau“ und 1985 zum Dr. rer. nat. in Völkerkunde und Volkskunde, über „Die Suche nach dem Reich des Priesterkönigs Johannes. Dargestellt anhand von Reiseberichten und anderen ethnographischen Quellen des 12.–17. Jahrhunderts“, ebenfalls in Freiburg.  

1987 legte er seine Habilitation zu mittlerer und neuerer Geschichte in Bamberg mit einer Arbeit über das Heilig-Geist-Spital in Nürnberg vom 14. bis 17. Jahrhundert vor. 

Nach verschiedenen Lehrstuhlvertretungen und Lehraufträgen, u.a. in Bamberg, Heidelberg, Jena und Oldenburg war er seit 17. März 1994 Professor an der Europa-Universität Frankfurt (Oder). Dort gründete er im Oktober 1996 auch die Forschungsstelle für vergleichende Universitätsgeschichte.  

Seine Schwerpunktthemen waren die Sozialgeschichte, besonders die Stadt und die städtischen Bevölkerungsgruppen, die Medizingeschichte, vor allem die Geschichte der Seuchen, die Geschichte der mittelalterlichen Wissenschaften, die Frauen- und Geschlechtergeschichte sowie die Entstehung der europäischen Identität und Kultur. 

Immer wieder begab er sich aus dem Elfenbeinturm Universität hinaus und beschäftigte sich mit historischer Vermittlungs- und Öffentlichkeitsarbeit. Er unterstütze mit seinem Fachwissen zahlreiche Ausstellungen zur Stadt- und Regionalgeschichte, betreute unter anderem Publikationen und Reiseführer zu den Jakobswegen in Berlin-Brandenburg und war auch in der Erforschung und Vermittlung der Hansegeschichte tätig.

zeitung-1.jpgErster Vortrag im Mai 2004 (Neue Westfälische)
zeitung-2.jpgErster Vortrag im Mai 2004 (Herforder Kreisblatt)
buch.jpgKnefelkamps Standardwerk zum Mittelalter (utb-Verlag)