Redewendungen

Redewendung und Etymologie 

Die Etymologie (altgriechisch ἔτυμος étymos „wahrhaftig“, „wirklich“, „echt“ und -logie) wird als Wissenschaftszweig der historischen Linguistik zugeordnet. Hier werden Herkunft und Geschichte der Wörter ergründet und damit, wie sich ihre Bedeutung und Form entwickelt haben.

 

Beispiel Einzelwort:

Buchstabe

Das Wort entstand wahrscheinlich aus den germanischen, zum Los bestimmten Runenstäbchen.
In Stäbchen aus Buchenholz ritzten die Germanen ihre Runen. Diese wurden als Orakel für wichtige Entscheidungen benutzt. Von den kultisch wichtigen Buchen-Stäbchen leitet sich das Wort „Buchstabe“ ab. Runen waren Geheimzeichen, daher kommt unser „raunen“.  Nachdem die Buchenstäbchen hingeworfen wurden, von hier leitet sich der Begriff „Entwurf ab“, wurden die ausliegenden Zeichen gelesen, gesammelt. Bücher lesen, Weinlese und Auslese haben hier ihren Ursprung.

 

Beispiel Ableitung:

Bild

Von dem ursprünglichen Begriff, welcher die Wahrnehmung des gesehenen Bildes bezeichnet, werden unter anderem Begriffe wie Schulbildung, Einbildung, Abbild abgeleitet.

  • bildhafte Sprache (Redensarten)
  • gebildet sein
  • sich etwas einbilden
  • einen Kreis bilden

Eine weitere verwandte Gruppe der Redewendungen sind die eher belehrenden Sprichwörter wie
„Aus den Augen aus dem Sinn.“

oder auch Redensarten, die oft nur regionale Bedeutung haben. 
„Die Schwaben werden erst mit vierzig Jahren klug.“

Dazu kommen noch einzelne Gruppen, wie zum Beispiel Bauernregeln.
„Wenn die Bienen ihre Stöcke zeitig kitten, kommt bald ein harter Winter angeritten.“

 

Manche Redewendung leitet sich von Zitaten oder aus Büchern ab und wurden mittlerweile feste Redewendungen oder Sprichwörter.
„Die Axt im Haus erspart den Zimmermann.“
Friedrich Schiller, Wilhelm Tell
„Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“
Bibelwort

 

Dazu kommen noch symbolische Handzeichen wie den Vogel zeigen, die Handfeige oder den Mittelfinger zeigen.
 

Glocke        

Etwas an die große Glocke hängen, richtig bekannt machen. Wichtige Nachrichten wurden verkündete, nachdem der Gemeindediener mit der Glocke für die nötige Aufmerksamkeit gesorgt hatte. Hatte man dagegen nur etwas läuten hören, wurde wohl die Botschaft nicht aus erster Hand vernommen.

 

Fisch        

Weder Fisch noch Fleisch, nichts Halbes und nichts Ganzes. Kommt aus der Reformationszeit. Damit sollten die Wankelmütigen, ewig Lahmen und Unentschlossenen gegeißelt werden, die sich weder zum Katholizismus, der den Freitag zum Fischtag bestimmte, noch zum Protestantismus, für den es kein Fleischverbot gab, bekannten.

 

Leviten    

Jemand die Leviten lesen, kräftig die Meinung sagen. Geht zurück auf das dritte Buch Mose, „Leviticus“, mit Verordnungen für die Geistlichen. Ab dem 8. Jahrhundert wurden den Ordensherren nach der Morgenandacht, bei gemeinsamen Gebet und Gesang die Regeln des Leviticus vorgelesen, die allerlei Ermahnungen und Maßregeln einschlossen.

 

Klappe    

Die Klappe halten, still sein. Bei bestimmten liturgischen Handlungen, zu denen auch die Verlesung der Leviten gehörte, hatten die Ordensherren oder auch Chorherren aufzustehen. Ihr Sitz im Chorgestühl wurde dabei von ihnen hochgeklappt. So hatten sie, wenn ihnen die Leviten gelesen wurden, die Klappe zu halten.

 

Nägel    

Es brennt auf den Nägeln, es wird eilig. Während der Verlesung hatten die Kirchenangehörigen Kerzen in den Händen, die oft nur für die Dauer der Handlung brannten. Zog sich die Sache etwas länger hin, brannte es schnell auf den Nägeln der Kerzenträger.

 

Tohuwabohu    

Durcheinander, Chaos, hebräischer Begriff. Das Wort gehört mittlerweile zum normalen Sprachgebrauch. Steht im zweiten Satz der Bibel (Gen. 1,2). Später übersetzt mit wüst und leer.

 

Auge um Auge- Zahn um Zahn    

Gleiches mit gleichem vergelten. Moses gab dem Volk Gottes folgende Anweisung innerhalb einer langen Liste von Schadensregulierungen. (Ex. 21, 23-25). Als Rechtsregel begrenzt es die Vergeltung. Es nicht mehr Rache geübt werden, als Schaden angerichtet wurde.

 

Auf Herz und Nieren prüfen    

Etwas ganz genau untersuchen. Das Herz galt früher als Sitz der Empfindungen. Die Nieren galten dagegen as Sitz der Gemütsbewegungen. (Ps. 7,10) „Du, gerechter Gott, prüft Herz und Nieren“: Gott prüft also das Fühlen des Menschen und sein Gewissen.

 

Wer’s glaubt wird selig  

Das glaubten nur Naive. Hatte ursprünglich eine andere Bedeutung. Luther übersetzt den Evangelisten Markus (16,16): Wer da glaubet und getaufet wird, der wird selig werden; wer aber nicht glaubet, der wird verdammt werden.“ Wer’s glaubt oder wer glaubt. Das >> S << macht den Unterschied. 

 

Schwarzarbeiter    

Arbeiter ohne offizielle Erlaubnis, die keine Abgaben entrichten. Arbeiter der kirchlichen Bauhütten hatten Arbeitsbücher. Bei vergehen wurden ihnen diese bis zur Urteilssprechung geschwärzt. Arbeiteten sie trotzdem, ohne Erlaubnis waren es Schwarzarbeiter.

 

Etymologie

Gardinenpredigt    

etwas predigen- ins Gewissenreden
Steigerungsstufe Gardinenpredigt (seit 1494). Die Ehebetten waren früher mit Gardinen umrankt, um Wärme drinnen und Insekten draußen zu halten. Kam nun der Mann zu spät nach Hause konnte er sich um eine Strafrede hinter der Gardine gefasst machen. 

 

Kadavergehorsam    

buchstäblich alles unhinterfragt mit sich machen lassen
Aus den Jesuiten-Vorschriften; die Ordensmitglieder sollten sich von Gott und den Vorgesetzten leiten lassen, als seinen sie ein Kadaver, ein Leichnam, der alles mit sich machen lässt.

 

Allseits bekannte Redewendungen

  • in Teufels Küche kommen          
  • im siebten Himmel sein
  • jetzt schlägt’s 13              
  • die Engel singen hören
  • seine Hände in Unschuld waschen  
  • der Himmel auf Erden
  • Himmel und Erde in Bewegung setzen  
  • jemand ins Gebet nehmen  
  • ins Bockshorn jagen
  • wenn der Teufel los ist        
  • Kirche im Dorf lassen
  • jemand die Hölle heißmachen  
  • Asche aufs Haupt streuen
  • nach mir die Sintflut          
  • wie zur Salzsäule erstarrt
  • sieht aus wie in Sodom und Gomorra 
  • zu allem Ja und Amen sagen
  • das stinkt zum Himmel

Gras    

Darüber ist längst Gras gewachsen, ein längst vergessener Vorfall. Es hat sich erledigt, es ist vorbei. Die Redewendung kommt aus dem bäuerlichen Umfeld. Einen Flurschaden konnte man nur solange beweisen, wie kein Gras darüber gewachsen war.

 

Bausch  

In Bausch und Bogen: alles in allem, etwas im Ganzen, ohne Unterscheidung. Kommt von den Flurbezeichnungen: die nach außen laufende Linie der Grenze wird als Bausch, die nach innen verlaufende als Bogen bezeichnet. Dabei stellt der Bausch den Gewinn (daher aufbauschen) und der Bogen den Verlust dar. Wurde ein Stück Land in Bausch und Bogen verkauft, so wurde nach einer nicht ins Einzelne gehende Gesamtvermessung verfahren. Aus dem Wort „Bausch“ in dieser Redensart hat sich das neulateinische pauschalis (unser pauschal) entwickelt, das in der allgemein üblichen Pauschalsumme wiederkehrt.

 

Scharte    

Eine Scharte auswetzen, etwas wieder gutmachen.  Scharten in Sensen, Sicheln und Messern wurden mit dem Schleifstein wieder ausgewetzt.

 

Zweig    

Auf keinen grünen Zweig kommen - zu nichts kommen. Eine symbolische Handlung beim Grundstücksverkauf war die Übergabe eines grünen Zweiges vom Vorbesitzer zum Erwerber. Wer also keinen grünen Zweig bekam, hatte nichts.

 

Etymologie

Besitz        

Etwas besitzen, zum Eigentum haben. 
Symbolische Handlung im Mittelalter. Bei einem Eigentumswechsel musste der neue Herr sein Grundstück (meist auf einen dreibeinigen Stuhl) drei Tage hintereinander regelrecht „besitzen“. Er brachte es in Besitz.
 

Bresche        

Für jemand in die Bresche springen: jemand in der Not bestehen.
Aus dem Französischen. Gemeint ist die eine, von den Angreifern in die Stadtmauer geschlagene Lücke. Wer der Verteidiger an dieser Stelle gefallen, nahm ein anderer hier seinen Platz ein, er sprang also für ihn in die Bresche.

 

Klinge        

Einen über die Klinge springen lassen: jemand fallen lassen, ihn zu Fall bringen, beseitigen. Bedeutete früher nicht weniger, als dass der Kopf beim Schwerthieb über die Klinge springt.

 

Aufheben        

Viel aufheben von etwas machen. Dem Kampf von Schaufechtern ging das ehe sie in umständlicher und theatralischer Weise aufgehoben wurden, um auf die Zuschauer Aufheben der Waffen voraus. Diese wurden auf den Boden gelegt, gemessen und verglichen, besonderen Eindruck zu machen. Mit dem Aufheben der Waffen begann der Kampf

 

Bahn        

Aus der Bahn geworfen werden. Turniersprache, in der die „Bahn“ der Kampfplatz zwischen den Turnierschranken (wie heute Autobahn, Rennbahn, Eisbahn) war. Wer beim Turnier aus der Bahn geworfen wurde, hatte den Kampf verloren. 

 

Lanze      

Eine Lanze für jemand brechen: jemand verteidigen, für ihn eintreten. Im Mittelalter sprang der Sekundant im Augenblick der Gefahr seinem Schützling bei und riskierte dabei seine eigene Lanze.

 

Etymologie

Spießbürger      

Ignorant, beschränkter Mensch. 
Ursprüngliche positive Bezeichnung für die bewaffneten Bürger der mittelalterlichen Stadt. Da die Kleinstädter oft den Fortschritt der Feuerwaffen ignorierten und sich lieber weiter mit ihrem Spieß bewaffneten, bekam das Wort die Wendung mit abschätzigem Klang, im Sinne von „beschränkt“.

 

Torschlusspanik    

Angst bei etwas zu spät oder zu kurz zu kommen.
Bis ins 18. Jahrhundert mussten die Stadttore nachts geschlossen werden. Danach kam keiner mehr in die Stadt herein oder hinaus. Das führte, wenn die Zeit knapp wurde, zur Torschlusspanik.

 

Allseits bekannte Redewendungen

  • etwas im Schilde führen        
  • Lunte riechen
  • jemand ausstechen          
  • vom Leder ziehen
  • ins Hintertreffen geraten          
  • das Heft in der Hand haben
  • jemand in den Harnisch bringen    
  • geharnischten Brief schreiben 
     

Brief    

Einem Brief und Siegel geben: ihm Gewissheit geben. Aus der Gerichtssprache entlehnt. Ein Brief ohne Siegel war als Urkunde nicht rechtsgültig. Erst die vereinten Merkmale Brief und Siegel verbürgten den vollständigen Rechtsanspruch, wobei das Siegel für den Wert der Urkunde von besonderer Bedeutung war.

 

Ding    

Aller guten Dinge sind drei, mit der Betonung auf drei. Die Drei ist seit alter eine Zahl mit hoher kultischer Bedeutung. Hier aus der Rechtssprache. „Ding“ ist hier nicht „Sache“ sondern das altdeutsche Gericht, die Gerichtsversammlung, das „thing“. Der Angeklagte musste dreimal zum Ding oder eben Gericht geladen werden; erschien er auch beim dritten Mal nicht, wurde er in Abwesenheit verurteilt. Auch in jemand „dingfest machen“ steckt noch diese Bedeutung.  

 

Bank    

Etwas auf die lange Bank schieben: eine Entscheidung hinausschieben. Nach Einführung des römischen Rechts wurden in Deutschland auch schriftlich Akten vor Gericht eingeführt, zu deren Aufbewahrung nicht Schränke, sondern lange, bankähnliche Truhen dienten. Was in die Truhe kam, blieb meistens lange liegen, während der Richter das Aktenstück auf seinem Tisch sogleich bearbeitete.

 

Stab    

Über jemand den Stab brechen: ihn verurteilen. Der Stab spielte schon in der germanischen Rechtssprechung eine große Rolle. Bei Verkündung des Todesurteils wurde vom Richter ein Stab über dem Haupt des Verurteilten zerbrochen und vor die Füße geworfen. Daher auch: jemand etwas vor die Füße werfen oder jemand etwas vorwerfen. Wer mit jemand bricht, nämlich den Stab, kündigt ihm die Freundschaft.

 

Anhängen    

Jemand etwas anhängen: im Recht des Mittelalter waren sinnfällig, oft drastische Strafen fällig. Dem Rechtsbrecher wurde beispielsweise ein anschauliches Zeichen seines Strafanlasses um den Hals gebunden. Dem Dieb der gestohlene Gegenstand, Trinkern eine Flasche, zänkischen Weibern ein Besen und Buhlerinnen Steine in obszöner Form. Heute wird gerade der gemeint, dem zu Unrecht etwas „angehängt“ wurde.

 

Bissen  

Da bleibt einem der Bissen im Hals stecken. Mittelalterliches Gottesurteil, bei dem der Angeschuldigte ein Stück trockenes Brot oder harten Käses hinunterschlucken musste. Gelang ihm das ohne Schwierigkeiten, galt er als unschuldig. Blieb ihm jedoch der Bissen im Hals stecken, so war er in den Augen der Richter der Tat überführt. Im ähnlichen Sinn wie, „darauf kannst Du Gift nehmen.“

 

Denken    

Jemand einen Denkzettel geben: einen Tadel erteilen, auch Prügel verabreichen. Der „Denkzettel“ war ursprünglich im hansischen Recht (15.Jh.) eine Vorladung, eine amtliche Benachrichtigung.

 

Ehre    

Jemand die Ehre abschneiden, jemand herabsetzen. Erinnert an die altdeutsche Strafe, dem Verleumder das lange Gewand abzuschneiden. In der beschämender Tracht musste er dann herumlaufen.

 

Feuer    

Für etwas oder für jemand die Hand ins Feuer legen, sich für ihn verbürgen. Geht auf das mittelalterliche „Feuerurteil“ zurück, das in verschiedenen Formen verbreitet war. Der Angeklagte musste, um seine Unschuld zu beweisen, entweder seine Hand eine Zeitlang ins Feuer halten, mit entblößtem Arm einen Stein aus dem siedenden Wasser holen („Kesselfang“) oder ein glühendes Eisen eine Strecke weit tragen. Der Grad der dabei erlittenen Verbrennungen bestimmte Schuld oder Unschuld des durch „Gott gerichteten“. Als unschuldig galt nur, wer in kürzester Zeit wiederhergestellt war.

Für jemand durchs Feuer gehen, ihm zuliebe das Schwerste auf sich nehmen. Im Mittelalter galt der Gang durchs Feuer oder über glühende Pflugscharen als äußerstes dem Angeschuldigten angebotenes Beweismittel. In dem Zusammenhang auch, sich die Finger verbrennen, auf glühenden Kohlen sitzen. 

 

Fuß    

Sich auf den Fuß getreten fühlen, gekränkt sein. Wurzelt in der altdeutschen Rechtssymbolik. Wer seinen Fuß auf etwas setzte, nahm davon Besitz, wie der Sieger vom Besiegten.

Stehenden Fußes etwas tun: es sofort tun. Altdeutsche Gerichtssprache. War jemand mit dem Gerichtsurteil nicht zufrieden, konnte er es „schelten“, d.h. Einspruch erheben. Das musste er „stehenden Fußes“ (lateinisch: stante pete), also noch vor den Gerichtsschranken tun, sonst erlangte das Urteil Rechtskraft.

Das Recht mit Füßen treten: es schwer verletzen. Mittelalterlicher Rechtsbrauch. Wucherer und Ehebrecher mussten an drei Sonntagen hintereinander barfuss um die Kirche gehen, sich dann hinlegen und die Leute über sich treten lassen, eine symbolische Handlung, in der vermeintlich Gleiches mit Gleichem vergolten wurde.

 

Geschlagen    

Ein geschlagener Mann sein; Einfluss, Achtung und Ansehen völlig verloren haben. Das entehrende an dieser Redensart wurzelt in der altdeutschen Strafe des Stäupens mit Rutenschlägen.  

 

Gnade    

Den Gnadenstoß geben: die Qualen durch rasches töten abkürzen. Früher galt diese Redensart nur dem Menschen. Die mittelalterliche Justiz kannte den Tod durch das Rädern. Bei dem „Rädern von oben“ konnte der Henker die Leiden des Verurteilten durch Gnadenstoß verkürzen. Ein schneller, geschickter Stoß machte dem Leben ein Ende.

 

Niere    

An die Nieren gehen, es trifft mich empfindlich. „An die Nieren gehen“ war im Mittelalter eine schwere Strafe für Ehebrecher. Die Niere wurde als Sitz des Geschlechtstriebes angesehen und deswegen wurde Ehebruch mit dem Herausschneiden der Niere bestraft.

 

Allseits bekannte Redewendungen

  • sich wie gerädert fühlen          
  • jemand Damenschrauben ansetzen
  • Kopf und Kragen riskieren

Gewicht    

Großes Gewicht auf etwas legen, etwas hoch bewerten. Aus der Kaufmannssprache. In die eine Schale der Waage muss man soviel Gewichte legen, wie die Ware in der anderen Schale wiegt.

Jemand gewogen sein, ihm wohlwollend zugetan sein. Man ist bereit, einem Menschen, dem man gewogen ist, viel auf der Waagschale zuzuwiegen. 

 

Hanse    

Jemand hänseln: ihn necken, üblen Scherz mit ihm treiben. Die Redensart hat mit der Hanse (althochdeutsch „hansa“= bewaffnete Schar) zu tun. Zusammengeschlossene bevorrechtigte Genossenschaften oder Gilden deutscher Kaufleute, die auswärtigen Handel trieben. So musste sich der Anwärter für die Aufnahme in die Hanse allerlei drastischen Handlungen und Zeremonien unterziehen, bei denen er schließlich auch noch die Zeche zu zahlen hatte. „Hänseln“, also für die Aufnahme in die Hanse bereit machen, wurden diese derben Scherze genannt. Dazu gehörte das „Hobeln“, Vorbeiziehen des Körpers an einen harten, rauen Gegenstand, und das „Rasieren, eine schmerzhafte Bearbeitung des Gesichts. Es handelt sich hier um eine symbolische Reinigung wie bei der Taufe: der Neuling sollte unschuldig und rein in die Bruderschaft aufgenommen werden.

 

Kerbe  

Etwas auf dem Kerbholz haben, kein reines Schuldkonto, etwas ausgefressen haben. Das Kerbholz ersetzte auf dem Lande bis ins 19.Jh. bei des Lesen und Schreiben Unkundigen das Schuldbuch. Es waren zwei aufeinander passende Holzstäbe, in welche die Schulden des Käufers eingekerbt wurden. Einen Stab erhielt der Gläubiger, den anderen der Schuldner. Zur Abrechnung schickte der Gläubiger dem Schuldner seinen Stab, der sich durch Zusammenlegung mit dem seinen von der Richtigkeit der Rechnung überzeugen konnte.

 

X und U    

Jemand ein X für ein U vormachen. Das Zeichen X ist sowohl der Buchstabe X als auch die Zahl zehn. Das Zeichen U wurde früher wie das V geschrieben und bedeutet zugleich die Zahl fünf. Wenn ein Gläubiger aus einem V ein X machte, indem er die Striche verlängerte, machte er aus der fünf eine zehn. Er betrügt.

 

Löffel    

Jemand über den Löffel barbieren, ihn betrügen, benachteiligen. Barbiere schoben früher den alten, zahnlosen Männern mit eingefallenen Wangen einen Löffel in den Mund, um die für die Rasur erforderliche feste Wölbung zu erzielen. Ursprünglich bedeutet der Ausdruck also: mit jemand nicht viele Umstände machen.

 

Pfeffer  

Dahin gehen, wo der Pfeffer wächst: weit weg, ganz aus dem Blickfeld. Aus dem Mittelalter, in dem man das Ursprungsland des Pfeffers kaum kannte und nur wusste, dass er von weit herkam. 

 

Allseits bekannte Redewendungen

  • etwas in die Waagschale werfen    
  • Argumente werden abgewogen

Handwerk legen    

Jemand das Handwerk legen, dem verbrecherischen Treiben eines anderen ein Ende machen. Wer gegen die Bräuche und Regeln der Zünfte verstieß, wurde von diesen ausgestoßen. Für eine bestimmte Zeit oder möglicherweise für immer bekam der Handwerker Berufsverbot.

 

Blau machen    

Fehlen, obwohl man nicht krank ist. Wollten Färber Stoffe mit Indigo färben, mussten sie eine Farbstofflösung mir einem bestimmten pH-Wert anrühren. Dieser Wert wurde durch das Anreichern der Färberlauge mit Urin erreicht. Um die erforderlichen Mengen an Urin zu erhalten, sollten die Färber große Mengen Alkohol trinken. Verständlich, dass an solchen Tagen nicht mehr gearbeitet werden konnte. Es wurde eben „blau gemacht“.

 

Blau        

Blauer Montag: arbeitsfreier Montag. Aus dem Sprachgebrauch der Wollfärber. Die mit Färberwaid, einem in der Luft schnell bläuenden, indigoartigen Farbstoff, gefärbte Wolle ließ man den ganzen Sonntag über im Bad, um sie montags an der Luft trocknen zu lassen. So konnten die Gesellen montags müßig gehen: blau machen.

 

Dach  

Unter Dach und Fach bringen, etwas vollenden, abschließen. Wenn die früheren, wesentlichen Bestandteile eines Hauses, Fachwerk und Dach, fertig gestellt waren, galt das Haus als vollendet, also unter Dach und Fach.

 

Fell    

Seine Felle davonschwimmen sehen, aus dem Berufsleben der Lohgerber. Wenn beim ausspülen der Felle im Wasser dieses davonschwimmt und man nur noch hinterher sehen kann. 

 

Feuer  

Mehrere Eisen im Feuer haben, umsichtig sein, für die Zukunft besorgt und vorbereitet sein. Aus dem Schmiedehandwerk. Der Meister, der zugleich mehrere Eisen im Feuer hält, spart Material und Zeit und hat die Wahl, welches Eisen zuerst bearbeitet werden soll.

 

Lehrgeld  

Da hat er Lehrgeld zahlen müssen, etwas ist mit Schaden schief gegangen. 
Früher musste der Lehrling Lehrgeld an den Meister bezahlen. Erkenntnisse erhält man folglich nicht umsonst. Wenn jemand etwas missling, wird schon mal empfohlen, er solle sich sein Lehrgeld zurückgeben lassen. Offenbar hat man ihm nichts beigebracht.

 
Mühle  

Wer zuerst kommt, mahlt zuerst- Wer zuerst da ist fängt auch an, immer der Reihe nach. 

 

Mehl   

Etwas abstauben- glücklich etwas von anderem Eigentum abbekommen. 
 

 

Allseits bekannte Redewendungen

  • sein Handwerk verstehen      
  • jemand ins Handwerk pfuschen
     

Ausbaden  

Etwas ausbaden müssen, für das Vergehen eines anderen büßen. Wie aus den Baderegeln des Hans Sachs wissen, war es üblich, dass mehrere Personen nacheinander das gleiche Bad benutzten. Der letzte hatte das schmutzige Wasser auszugießen und das Bad zu säubern, also „auszubaden“. 

 

Ohren  

Etwas hinter die Ohren schreiben, etwas unbedingt merken müssen. Bei Rechtssprechungen, Grundsteinlegungen und anderen wichtigen Vereinbarungen wurden oft Kinder als Zeugen hinzugezogen, auf deren langer Lebenszeit man hoffte. Sie sollten später als Zeugen aussagen können. Damit sie sich gut an den Vorgang erinnern konnten, gab es planmäßig ein paar saftige Backpfeifen hinter die Ohren. 

 

Nase  

Jemand an der Nase herum führen, ihn in eine falsche Richtung führen. Kommt vom mittelalterlichen Tierbändiger, der seinen Bären einen Ring durch die Nase zog um ihn in eine bestimmte Richtung ziehen zu können.

 

Gängelband  

Jemand am Gängelband führen, bestimmen wo es lang geht. Kinder wurden früher angebunden, damit sie nicht einfach weglaufen konnten. Manchmal einfach nur, jemand gängeln.

 

Ärmel          

Etwas aus dem Ärmel schütteln, etwas vermeintlich Schwieriges leicht und mühelos tun. Der Ausdruck erklärt sich aus der mittelalterlichen Mode der weiten, taschenförmigen Ärmel, aus denen manchmal Überraschendes zutage gefördert wurde.

 

Hut      

Sich etwas an den Hut stecken, es ist mir gleichgültig. Früher hatten Gegenstände wie z.B. Federn an den Hüten eine bildhafte Sprache. So bildete regional eine Feder mit der Spitze nach hinten das Friedenssignal. War die Spitze nach vorn gedreht, war der Hutträger auf Ärger aus. Wenn er sich seine Feder an der Hut stecken kann wie er will, ist die Sache dem Betrachter gleichgültig.

 

Haube  

Jemand unter die Haube bringen, eine Frau verheiraten. Mit der Heirat hatten Frauen im Mittelalter ihre Haare unter einer Haube zu verhüllen. Aus diesem Zusammenhang kommt auch „etwas enthüllen“ oder „etwas entschleiern“. Der Brauch kommt aus germanischer Zeit. Um die Geister abzulenken, musste die Braut auf dem Weg zum Bräutigam ihr Gesicht verschleiern. Dabei wurde sie, um die Geister weiter zu verwirren, von weiteren Schleierträgerinnen begleitet. Daraus entstand auch der Brauch des Brautschleiers.

 

Fuß              

Auf großem Fuß leben, geht zurück auf Geoffrey Plantagenet, Graf von Anjou (1129-1151). Der ließ sich einen langen Schuh machen, da er eine Geschwulst an der Spitze hatte. Die höfische Gesellschaft nahm das als Modeelement auf. Im 14. Jh. wurde schließlich die Größe des Schuhwerkes Maßstab für das Ansehen. So hatte der Fürst 2,5 Fuß, der Baron 2 Fuß, ein Ritter 1,5 Fuß und Bürger 1 Fuß Schuhlänge. Ein Fuß waren etwa 30 cm. 

Bankrott machen  

Zahlungsunfähig sein, pleite gehen. Stammt aus dem Italienischen, banca rotta = zerschlagene Bank. Die Wechsler hatten früher ihre Geldsorten auf einer Bank ausgelegt (heute noch Bezeichnung für Geldinstitut). Wurde der Geldwechsler zahlungsunfähig, so zerschlugen ihm die Gläubiger die Bank.

 

Bein    

Etwas ans Bein binden. Etwas verloren geben. Das Geld bind ich mir ans Bein. Schon im Mittelhochdeutschen bei Walther von der Vogelweide: „den schaden zuo dem beine binden“ und „ min leit bant ich ze beine“. Die Erklärung ist, dass man etwas nicht höher als zum Bein kommen lässt, es sich also nicht zu Herzen nimmt. Im Gegensatz zu „auf der Seele liegen“ oder „zu Herzen nehmen“.

 

Berappen    

Einer muss berappen, muss bezahlen. Kommt von der Münze, dem Rappen, der um 1350 in Basel und den oberrheinischen Städten gang und gäbe war. Der Rappen trug das Wappen von Freiburg, den Rabenkopf. Im Mittelhochdeutschen heißt Rabe eben „rappen“.

 

Deut  

Das ist keinen Deut wert, also so gut wie nichts wert. Der Deut war früher die kleinste holländische Münze mit geringem Wert, die man auch in Deutschland kannte. Er kümmert sich keinen Deut darum.

 

Geldschneiderei  

Der Preis ist zu hoch. Anders als bei „Beutelschneider“, wenn der Beutel vom Gürtel gestohlen, abgeschnitten wurde, kommt diese Redewendung aus dem Bereich der Geldfälschung. Münzfälscher haben früher Gold- und Silbermünzen beschnitten, um sich einen betrügerischen Gewinn zu verschaffen, indem sie das auf solche Weise gewonnene Edelmetall veräußerten. 

 

Heller  

Das ist keinen Heller wert. Nichts oder nichts wert. Kleine Silbermünze von geringem Wert. Wurde bereits Ende des 12. bis zum 14. Jh. geprägt. Als wertbeständige Münze in ganz Süd- und Westdeutschland verbreitet. Der Heller hatte den halben Wert eines Pfennig. Durch illegale Kupferbeigabe verfärbte sich die Münze ins Rot. Der Wert verringerte sich. 

    Auch:
    Dafür werde ich keinen roten Heller bezahlen.
    Ist keinen roten Heller wert.
    Auf Heller und Pfennig abgerechnet.

 

Kröte    

Die paar Kröten, geringschätzige Bemerkung über einen Geldbetrag, der als zu gering erscheint. Hat nichts mit den Froschlurchen zu tun, sondern stammt vom niederdeutschen „Groschen“ oder „Groten“, einer wenig kaufkräftigen Münze, die in diesem Falle eigentlich „Gröten“ heißen müsste.

 

Münze    

Mit gleicher Münze heimzahlen, etwas vergelten. Die schon im Mittelalter bekannte Redensart erklärt sich von selbst aus der Vorstellung, dass jemand so behandelt wird, wie er selber den anderen behandelt.

Das ist auf mich gemünzt: das geht auf mich, zielt auf mich. Kommt von den Gedächtnismünzen des 16. und 17. Jh. die mit Ornamenten und allerhand Anspielungen „auf den sie gemünzt waren“, geprägt wurden.

Etwas für bare Münze nehmen, es ernst nehmen. Eine versprochene Zahlung schon als bares Geld werten.

 

Schrot  

Ein Mann von echtem Schrot und Korn, von gerader, aufrichtiger Ar. Ein Mensch von gutem, offenem Charakter. „Schrot“ bezeichnet das Gewicht, „Korn“ den Feingehalt der Münze. In Zeiten der Münzverschlechterung wurden Münzen von echtem Schrot und Korn besonders hoch bewertet. Die Redenart bezeichnet somit die unverfälschte Münze, im übertragenen Sinne die Ehrlichkeit des Charakters.

 

Springen  

Etwas springen lassen = einen ausgeben. Der Ausdruck erinnert an den früheren Brauch, beim Bezahlen Geldmünzen kräftig auf den Tisch zu werfen, um durch den hervorgerufenen Klang der Münzen ihre Echtheit zu beweisen, oder auch nur, um damit aufzutrumpfen, dass man welches besitze.

 

Stück  

Große Stücke auf jemand halten (geben): ihm vertrauen. Große Stücke waren früher wertvolle Münzen. Wenn man also etwas Gutes kaufen wollte, musste man eben „große Stücke darauf geben“.

Seltsame Wünsche kommen aus der Beschreiung des Glückes.

Je mehr man von der Erfüllung seines Wunsches spricht, desto sicherer wird er nicht in Erfüllung gehen. Deshalb wird das Gegenteil gewünscht. Also Hals und Beinbruch- er wird schon schief gehen. 
Umgekehrt wird negatives positiv verpackt. Passiert jemand ein Missgeschick, sagen wir: das hast Du ja prima gemacht. Haben wir den Bus verpasst, heißt es: das hat mir gerade noch gefehlt. 

 

Hand und Fuß

... kommt von einer mittelalterlichen Strafe. Dabei wurde entweder die rechte Hand (führt das Schwert) oder der linke Fuß (steigt als erstes in den Steigbügel) abgeschlagen. Damit eine Sache tauglich, vollkommen und richtig ist, muss sie also Hand und Fuß haben.