Mittelalterliche Ablassurkunden

Dr. Friederike Neumann und Dr. Peter Riedel (Bielefeld):
Darf's ein bisschen mehr sein? Mittelalterliche Ablassurkunden aus Herford, Bielefeld und Schildesche

 
Am 06.06.2019
um 19 Uhr
im Historischen Sitzungssaal des alten Kreishauses Herford
Amtshausstr. 2, 32051 Herford

 

Eintritt frei, eine Spende wird erbeten

 

Haben Sie gesündigt, aber keine Zeit für wochenlanges Fasten und Beten? Haben Sie Angst vor dem Fegefeuer? Dann haben wir etwas für Sie: Ablass – Nachlass von Sündenstrafen. Gilt im Diesseits und im Jenseits. An vielen Kirchen erhältlich – auch in unserer Region. Echtheit bezeugt durch bischöfliche Siegel. Einfach bereuen und beichten, an einem der vielen Feiertage die richtige Kirche besuchen, andächtig sein und beten. Oder Sie spenden etwas für den Erhalt der Kirche. Kommen Sie herein, besuchen Sie uns. Der Ablass ist Ihnen gewiss!

So kann man die Botschaft mittelalterlicher Ablassurkunden verstehen. Kirchen und Klöster, in denen Ablass gewährt wurde, waren zwischen dem 13. und 16. Jahrhundert beliebte Anlaufstelle für Gläubige. Hier, so die Vorstellung, konnten Sie durch fromme Werke einer langen jenseitigen Leidenszeit im Fegefeuer vorbeugen. Möglichst viel Ablass bieten zu können, machte die geistlichen Institutionen daher für die Gläubigen zu einem attraktiven Ort, der vom Zustrom der Menschen auch materiell profitierte. Es verwundert daher nicht, dass die Urkunden, mit denen Bischöfe die Echtheit des Ablasses verbürgten, immer größer und prachtvoller gestaltet wurden. Die Menge an versprochenem Ablass nahm zwischen 1228 und 1344 kontinuierlich zu, ebenso die Häufigkeit, mit der Ablass erworben werden konnte. Auch die frommen Leistungen, aus denen Gläubige wählen konnten, um für ihr jenseitiges Wohlergehen vorzusorgen, vervielfachten sich.

Gemeinsam mit fünf Studierenden haben Friederike Neumann und Peter Riedel 2017/2018 eine Ausstellung zu mittelalterlichen Ablassurkunden für Kirchen in Bielefeld und Schildesche erarbeitet, die im letzten Jahr im Historischen Museum Bielefeld gezeigt wurde und derzeit in der Universität Bielefeld, Gebäude X, Magistrale A2 zu sehen ist. Auch auf dem 1. Herforder Stiftstag Anfang September 2018 wurde die Ausstellung mit einem Vortrag präsentiert.

Am Beispiel von elf überlieferten Ablassurkunden aus dem Herforder Reichsstift, dem Stift auf dem Berge, dem Damenstift Schildesche und den Pfarrkirchen der Bielefelder Alt- und Neustadt zeigt der Vortrag auf, wie das europaweite religiöse Phänomen des Ablasses in unserer Region Fuß gefasst hat und wie die Kirchen mit ihren Urkunden womöglich um die Gläubigen im Umkreis konkurrierten. Einige der ausgeschmückten Urkunden werden dabei als Reproduktionen in Originalgröße gezeigt werden.
 

schildesche-ablass.jpgUrkunde aus Schildesche (Museum Bielefeld)
Dr. Friederike Neumann und Dr. Peter Riedel Dr. Friederike Neumann und Dr. Peter Riedel (Foto: privat)

Informationen zu den Vortragenden

Dr. Friederike Neumann hat in Bonn und Bielefeld Geschichte und Soziologie studiert. Ihre Magistra-Arbeit hat sie dem Thema der Ehre in der Frühen Neuzeit gewidmet. Konkret hat sie Beleidigungspraktiken Lemgoer Kürschner im 16. und 17. Jahrhundert erforscht. Die Ergebnisse sind 1997 als Aufsatz erschienen: Die Schmähung als ‚Meisterstück‘. Die Absicherung ständischer Position durch Beleidigung unter Lemgoer Kürschnern im ausgehenden 16. und frühen 17. Jahrhundert, in: Westfälische Forschungen 47 (1997), S. 621-642. Ihr 2005 abgeschlossenes Dissertationsprojekt zu Verfahren der öffentlichen Buße im Spätmittelalter kam 2008 als Buch unter dem Titel „Öffentliche Sünder in der Kirche des späten Mittelalters. Verfahren - Sanktionen – Rituale“ in der Reihe „Norm und Struktur“ im Böhlau Verlag heraus. Seit 1996 ist sie mit kurzen Unterbrechungen als wissenschaftliche Mitarbeiterin bzw. als Lehrkraft für besondere Aufgaben in der Abteilung Geschichtswissenschaft an der Universität Bielefeld angestellt. Eines ihrer Aufgabenfelder ist es, Studierende bei der Entwicklung fachspezifischer literaler Kompetenzen zu unterstützen, also beim Lesen und Schreiben im geschichtswissenschaftlichen Kontext. Dazu hat sie im vergangenen Jahr den Ratgeber „Schreiben im Geschichtsstudium“ im Verlag Barbara Budrich (utb 4843) veröffentlicht.

Dr. Peter Riedel hat sein Studium der Fächer Geschichte, Chemie und Erziehungswissenschaften an der Universität Potsdam mit einer Staatsexamensarbeit über das münsterländische Kreuzherrenkloster Bentlage abgeschlossen und im Anschluss zunächst am Institut zur interdisziplinären Erforschung des Mittelalters und seines Nachwirkens (IEMAN) an der Universität Paderborn sowie am Museum Kloster Dalheim gearbeitet. Neben seiner Tätigkeit in der akademischen Lehre zur mittelalterlichen Geschichte und zur Geschichtsdidaktik – zunächst an der Universität Potsdam, seit 2014 an der Universität Bielefeld – hat er u. a. das Brandenburgische Klosterbuch und den Paderborner Ausstellungskatalog „Franziskus – Licht aus Assisi“ als Redakteur mitverantwortet. Promoviert wurde er mit einer 2018 unter dem Titel „Mit Mitra und Statuten“ erschienenen Dissertation zur Geschichte der Bischöfe von Brandenburg im späten Mittelalter. Seine fachwissenschaftlichen Interessen liegen im Bereich der spätmittelalterlichen Religions- und Landesgeschichte sowie der Schulgeschichte.